75 Jahre – ein Leben voller Sport

Kinderturnen, Gymnastik, Jazz-Dance, Aerobic, Leichtathletik, Rückenschule, Osteoporose-Prävention – und das ist bestimmt noch lange nicht alles, was Helga Bickel in ihrem Leben an Sport gemacht hat.

Helga Bickel hat in diesem Jahr zum 45. Mal Gold geholt (Foto: privat, Helga Bickel)
Helga Bickel hat in diesem Jahr zum 45. Mal Gold geholt (Foto: privat, Helga Bickel)

Ihre Leidenschaft für den Sport hat sie nicht nur richtig fit, sondern darüber hinaus zu einer perfekten Begleiterin für Menschen gemacht, die das Deutsche Sportabzeichen ablegen wollen. 1974 hat sie ihr erstes Sportabzeichen abgelegt und 1981 die Prüflizenz für eben jenes erworben und ist seither zur Stelle, um Interessierten zur Seite zu stehen. Deswegen wurde sie vom DOSB, der dieses Jahr Themenpartner für den Schwerpunkt "Engagement im Sport" der Kampagne "Engagement macht stark!" des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) ist, vorgeschlagen, in der Menschen mit beispielhaftem Einsatz bedacht werden.

Zwischen Mai und Oktober ist immer Hochsaison. In dieser Zeit steht Helga Bickel regelmäßig auf dem Sportplatz und unterstützt beim Training für das Deutsche Sportabzeichen. Aus ihrer Sicht kann dieses Abzeichen für den Breitensport nicht genug beworben werden. „Es ist einfach perfekt, um seine persönliche Fitness zu testen. Außerdem sind wir eine ausgesprochen nette Truppe“, sagt sie einladend. Sie selbst hält der Spaß an der Freude bei der Stange – mal ganz abgesehen davon, dass ohne Bewegung bei Helga Bickel ohnehin gar nichts läuft.

Ursprünglich kommt Helga Bickel aus Hamburg. Seit 1984 lebt sie in Frankfurt oder besser gesagt im schönen, beschaulichen Nieder-Eschbach. Vom Deutschen Sportabzeichen hat sie erst gehört, seit sie Übungsleiterin ist. Vorher ist ihr davon nie etwas zu Ohren gekommen. Und darin steckt auch eine Kritik. „Ich finde, es müsste viel mehr Werbung gemacht werden. Die Schulen sollten deutlich mehr eingebunden werden. Und vielleicht wäre es ja auch eine Idee, schon in die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern den Prüfausweis für das Deutsche Sportabzeichen zu integrieren.“ Helga Bickel vermisst den Nachwuchs.

Ich versuche, mich als Beispiel darzustellen

Genau. Helga Bickel möchte mit gutem Beispiel voran gehen, möchte zeigen, wie gut regelmäßiger Sport tut, wie gesund er ist und wie viel Freude er bringt. Jazz-Dance-Kurse gibt sie heutzutage nicht mehr. Nicht, dass sie den Spaß am Tanzen verloren hätte, aber es scheint ihr irgendwie unpassend zu sein mit ihren zarten 75 Jahren. Seit über 20 Jahren liegt ihr Schwerpunkt auf Gesundheitssport wie Rückenschule und Präventivkursen gegen Osteoporose. Immer dienstags und mittwochs beim TUS Nieder-Eschbach, viereinhalb Stunden pro Woche. Und die Frauen in ihren Kursen sind ihr über viele Jahre treu. „Viele kommen meinetwegen. Offenbar mögen sie meine Art. Außerdem machen wir ja viel mehr gemeinsam als Sport. Wir machen Ausflüge, feiern runde Geburtstage und unternehmen einmal pro Jahr eine Wochenendreise.“ Zum Beispiel zur Augsburger Puppenkiste oder nach Dresden und Leipzig.

Helga Bickel hat sich im Sport immer ehrenamtlich engagiert. Wenn sie Geld bekommt, dann ist das für sie eine Aufwandsentschädigung. Und die Kontakte zu ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmern pflegt sie immer mit Herz. Wenn jemand aus ihrer Truppe krank ist, dann wird ausgeholfen. Zum Beispiel mit einem Einkauf, einem gemeinsamen Arztbesuch. Gerade heute hat sie einen Pflaumenkuchen gebacken und bringt ihn einer kranken Mitsportlerin. Kein Wunder, dass Helga Bickel geschätzt und gemocht wird.

Ungewöhnliche Wege auf der Zielgeraden

Helga Bickels Mann Karl-Heinz war genauso wie sie Prüfer, als es ihm gesundheitlich noch besser ging. Beide schmunzeln immer in sich hinein, wenn Leute kommen und meinen, sie könnten alle Disziplinen an einem Tag aus dem Ärmel schütteln. Ganz so einfach ist es meistens dann eben doch nicht. Stattdessen freuen sie sich von Herzen mit, wenn sie beobachten, dass Menschen mehrfach

zum Training kommen und für ihr Ziel kämpfen. „Wenn die sich danach dann hundertmal bedanken und ich merke, wir haben jemanden glücklich gemacht, dann bin ich es auch“, sagt Helga dankbar.

Und solchen Ehrgeiz unterstützt das Ehepaar wo es kann. Helga Bickel erinnert sich an ein junges Mädchen, dem nur noch die Sprintstrecke fehlte. Und die musste zeitnah absolviert werden. Dann ist es ja wohl kein Hindernis, dass es bereits stockdunkel ist. Natürlich nicht. Helga am Start und Karl-Heinz am Ziel, beide mit Taschenlampe ausgerüstet und dann wird eben in finsterer Nacht gesprintet. Das Mädchen fand es toll. Oder ein anderes Mal wurde noch das Schwimmen gebraucht. Und zwar ebenfalls schnell. Doof, dass das Schwimmbad geschlossen ist? Kein Problem. In diesem Fall haben die Bickels ihre Kontakte zur außerordentlichen Öffnung des Schwimmbades genutzt und in aller Herrgottsfrühe das Schwimmen abgenommen.

Motivation ist alles

Helga Bickel telefoniert den Leuten auch schon mal hinterher, wenn nur noch eine Disziplin fehlt. „Es wäre doch schade, wenn sie das Sportabzeichen wegen einer Disziplin verpassen würden“, und hält ihr Engagement offenbar für völlig selbstverständlich. „Andere arbeiten in der Kirche mit oder machen was mit Senioren. Ich habe halt ein Leben lang in Sportvereinen gewirkt. Und wenn ich selbst als Prüferin das Sportabzeichen abnehmen kann, finde ich es auch leichter, die Leute zu motivieren, weil ich sie nicht woanders hinschicken muss.“

Eine Bewegungskünstlerin – sowohl körperlich als auch geistig. Sportlich, flexibel und neugierig. Helga Bickel ist Zeit ihres Lebens viel gereist, hat die ganze Welt gesehen – außer Australien, Neuseeland und Hawaii. „Das Glas ist bei mir nie halb leer, sondern immer halb voll. Das Leben ist ja nicht immer ganz einfach. Da gibt es Schicksalsschläge und Krankheiten. Ich versuche immer, den Tag zu genießen und mein Leben war an und für sich ein schönes Leben. Durch den Sport habe ich ganz Deutschland kennengelernt und überall Freunde gefunden.“ Für Helga Bickel ist das Leben zu kurz, um sich über irgendetwas zu ärgern.

Helga und das Deutsche Sportabzeichen

In diesem Jahr hat sie ihr 45. Deutsches Sportabzeichen gemacht. „Und zwar in Gold“, sagt sie nicht ohne Stolz. Hoffentlich bleibt Helga bei all ihren Aktivitäten Zeit für die Einladung vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement. Zum 15-jährigen Jubiläum des BBE sind alle für die Kampagne beispielhaft ausgewählten Ehrenamtlichen in der Woche des Bürgerschaftlichen Engagements (13.9.-22.9.) am 17.9. zum Thementag "Engagement im Sport" zum Tourstopp in Weimar eingeladen. Dort wird Helga Bickel und allen anderen ausgewählten Ehrenamtlichen als Dank für das langjährige und außergewöhnliche Engagement im Sport eine Urkunde vom Deutschen Olympischen Sportbund und ein ganz besonderer Überraschungspreis überreicht.

(Quelle: wirkhaus.berlin)


  • Helga Bickel hat in diesem Jahr zum 45. Mal Gold geholt (Foto: privat, Helga Bickel)
    Helga Bickel hat in diesem Jahr zum 45. Mal Gold geholt (Foto: privat, Helga Bickel)