„Auf Augenhöhe“

Gemeinschaftlich zum Erfolg: In Stuttgart hat Birgit Baumstark eine Sportabzeichen-Abnahme nur für Frauen ins Leben gerufen und damit augenscheinlich eine gute Idee gehabt. Die Damen genossen die entspannte Atmosphäre untereinander. Und der Teamgeist war noch ausgeprägter.

Teamfoto (Foto: privat)
Teamfoto (Foto: privat)

Stuttgart/Hamburg - Das Sportabzeichen gehört für Birgit Baumstark und ihren Mann Armin (56) praktisch zum Leben. Im letzten Jahr erst wurden die beiden Stuttgarter im Rathaus der Landeshauptstadt für jeweils 25 erfolgreich abgelegte Prüfungen geehrt. Anerkennung für die eigene sportliche Aktivität. Aber die beiden begeisterten Leichtathleten von der Sportvereinigung Feuerbach sind ja nicht nur als Aktive dabei, sondern auch als Trainer auf dem Platz und Organisatoren hinter den Kulissen. „Wir nehmen als Prüfer schon seit Jahren das Sportabzeichen ab“, erzählt Birgit Baumstark. Beide leiten in ihrem Verein eine Leichtathletik-Erwachsenengruppe an. Werfen, Laufen, Springen, Spaß haben. Das vor allem sei immer wichtig, sagt sie. Ihr Mann ist zudem ehrenamtlicher Sportabzeichenreferent im Sportkreis Stuttgart. „Er hält den Kopf hin, aber wir machen es eigentlich auch gemeinsam“, sagt Birgit.

Mit all der Erfahrung kam ihr dann irgendwann im letzten Jahr eine Idee: Wie wäre es mit einer Sportabzeichen-Abnahme nur für Frauen? „So wie es ja auch immer mal Ladies Days gibt.“ Gesagt, getan: Immerhin 20 Frauen tummelten sich am Prüfungstag vor den Sommerferien auf der Wilhelm-Braun-Sportanlage in Stuttgarts Norden. Von 18 bis 65 Jahren waren Sportlerinnen jeder Altersgruppe dabei. „Wir hatten relativ kurzfristig eingeladen, deshalb bin ich sehr zufrieden“, sagt die Initiatorin, „wir werden es aber 2019 sicher wiederholen und haben dann eine etwas längere Planungszeit.“ Und die Hoffnung auf noch mehr Teilnehmerinnen.

Denn ganz offensichtlich hat die 54-Jährige mit dem Frauen-Sportabzeichen einen Nerv getroffen. Beziehungsweise ein Bedürfnis erkannt: „Ich habe schon das Gefühl, dass es den Frauen sehr gefallen hat. Es herrschte schon eine andere Atmosphäre.“ Ja, ja – die Kerle... Man weiß das ja. Wenn Männer zu Wettbewerben antreten – und sei es auch ‚nur’ das Sportabzeichen und damit die Überprüfung ausschließlich der eigenen Leistungsfähigkeit ohne ‚Gegner’ – dann entsteht eine Konkurrenzstimmung. Die Herren wollen sich messen, sie stacheln sich an und auf. Und sie wollen den Frauen – unterbewusst – immer auch imponieren. Ein bisschen Rangkämpfe gibt es insgeheim eben fast immer. So nach dem Motto: ‚Nur die stärksten Männchen bekommen die Weibchen’ – das ist so in uns drin, ob wir wollen oder nicht. Nicht jede Frau kann damit gut umgehen.

„In der Frauengruppe war es sehr harmonisch. Jede versuchte, im Kreis von Gleichgesinnten das Beste aus sich herauszuholen. Die anderen aber haben jede unterstützt so gut es ging“, hat Birgit Baumstark beobachtet. Besonders intensiv war ihr das beim 3000-Meter-Lauf aufgefallen, dieser Langstrecken-Quälerei. „Eine Frau hatte echte Probleme, da haben sie alle anderen lautstark angefeuert – „du schaffst das“ – bis ins Ziel. Und sie hat es geschafft.“ Ein echter Gemeinschaftserfolg, entsprechend groß war die Freude.

Aber nicht nur die offenbar unterschiedliche Einstellung zum sportlichen Wettkampf spricht für die Frauengruppe. Da ist auch oft eine latente Unsicherheit in Anwesenheit von männlichen Sportlern. Gucken die etwa? Blamiere ich mich? „Ich habe gemerkt, dass einige Frauen schüchterner sind, wenn Männer dabei sind“, meint die Übungsleiterin, „vielleicht sind sie nicht so zufrieden mit sich, finden, dass sie etwas zu viel Speck auf den Rippen haben oder so etwas.“ Das alles spielt untereinander keine Rolle mehr, „auf Augenhöhe“ würden sich die Frauen begegnen. Deshalb ist es auch klar und konsequent, dass alle Prüfer/innen eben tatsächlich Prüferinnen waren. Neben Birgit Baumstark auch Bärbel Hölldampf, Susanne Walter, Julia Pfizenmaier und  Vera Kountouridis. „Es sind auch Vereinsmitglieder aus anderen Abteilungen zur Abnahme gekommen und auch Mütter, deren Kinder bei uns Sport treiben, sie selber aber nicht“, berichtet Birgit Baumstark, „wir haben Frauen zum Sportabzeichen gebracht, die sonst wahrscheinlich nicht kommen würden“. Das alles ist eine ganz starke Aktion da in Stuttgart-Feuerbach. Um nicht zu sagen: baumstark.

(Quelle: Andreas Hardt, Medienmannschaft)


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